Um ein Online Business erfolgreich zu führen, benötigts du die richtigen KPI. KPI bedeutet Performance Indicator und ist eine erfolgskritische Kennzahl in deinem Online Business. Egal ob Warenhandel (eCommerce) oder Online-Dienstleistungen, du musst deine relevanten KPI finden und optimieren, um erfolgreich zu sein.
Zusammenfassung für Ungeduldige
- KPI steht für Key Performance Indicator
- KPI sind geschäftsrelevante Kennzahlen
- KPI werden aus Metriken ermittelt
- Kostenrechnung: Deckungsbeitrag (DB I, DB II) wichtig!
- Netto-Umsatz, DB I & Marketingkosten sind relevant
- Halte deine Gemeinkosten (GK) niedrig!
- Rechne jedes relevante Produkt bzw. Dienstleistung durch
- Relevante KPI: Conversion Rate, Engagement, ViewTime…
Kostenrechnung im Rechnungswesen
Aus einem BWA oder einer GuV aus der Buchaltungssoftware kann man nicht unbedingt im Detail erkennen, welches Produkt oder Dienstleistung gerade gut läuft und welches schlecht läuft oder wo die Kosten vollig aus dem Ruder laufen. Es kommt drauf an, ob das Umsatz- oder das Gesamtkostenverfahren bei der GuV zugrunde liegt.
Daher ist eine spezifische & kurzfristige Erfolgsrechnung wie die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) erforderlich. Dies ist ein wichtiges Instrument eines erfolgreichen Unternehmers und NICHT Teil der gesetzlichen Pflichten zur Buchhaltung. Die KLR ist kostenfokussiert und zeigt, wie effektiv deine innerbetrieblichen Prozesse ablaufen, um so maximalen Erfolg durch Kostenoptimierung zu erreichen.
Bei der KLR werden drei Kernaspekte berücksichtigt:
- Kostenarten (Welche Art von Kosten entstehen in deinem Unternehmen? Shop-Betrieb, Verwaltung, Versand, Werbung/Kampagnen etc..)
- Kostenträger (Was sind deine Dienstleistungen oder Produkte?)
- Kostenstellen (Wo fallen deine Kosten an? Shop, Lager, Versand, Agentur, Produkt x,y,z)
Du kannst an der KLR erkennen, welche Dienstleistung oder welches Produkt die größen Kosten erzeugt oder den größten Gewinn einfährt. Dazu kannst du Kosteneinsparpotenzial erkennen. Wichtig ist, dass du dein Selbstkostenpreis (SK) kennst. Ein Produkt-SK, welche in deinem Lager liegt oder über Dropshipping weiterverkauft wird, wird anders berechnet als eine automatische digitale Dienstleistung, dessen Herstellkosten fast 0 sind.
Insgesamt gibt es 4 Arten der Erfolgsrechnung:
- GuV
- KLR
- Steuerbilanz (die Berechnung von Steuern ist nicht gleich GuV, siehe z.B. Anlagevermögen)
- Kapitalfluss (Cash-Flow, wichtig, um Zahlungsunfähigkeit zu erkennen/vermeiden!)
Controlling im eCommerce – relevante KPI aus Teilsystemen ermitteln
Nun liegt es an dir, was du aus den Informationen machst. Das Ableiten von Geschäftsstrategien aus dem betrieblichen Rechnungswesen durch Auswerten von Kennzahlen nennt man Controlling. Du kennst deine Kosten genau und kannst ein „schlechtes Produkt“ aus dem Sortiment nehmen oder den ganzen Unternehmens-Schwerpunkt umlenken. Doch das ist nicht so einfach!
Ein Schmalspur-Controlling mit klassischen Kennzahlen wie Anzahl Bestellungen, durchschnittliche Bestellgröße und Umsatz ist kein optimales Online Business möglich. Umsatz ist nicht gleich Gewinn und auch kein Garant für Erfolg! Für ein gutes eCommerce Controlling müssen Daten aus den „Systemen“ zusammengeführt werden:
- betriebswirtschaftlich (Buchhaltung, BWA, KLR mit den Kostenblöcken),
- Website-/Shop (Besucher, Conversion, Design, Test & Optimierung der Usability etc.),
- Warenwirtschaft (Warengruppen-Dynamik, Retouren etc. ),
- Marketing (Marketingmethoden-Effizienz mit Metriken (Engagement, Conversion etc.)
Key Performance Indicators = KPI & Metriken
Wenige Kennzahlen reichen, um ein Unternehmen zu führen. Es ist ähnlich wie beim Autofahren. In deinem Cockpit finden sich wichtige Werte wie Geschwindigkeit, Drehzahl, Motor-Betriebs-/Fehlzustand etc. während viele andere Kennwerte in den Steuergeräten im Fahrzeug für dich irrelevant sind.
Im Online Business ist vor allem interessant, welches Produkt oder welche Dienstleistung über welchen Kanal vertrieben wird und wie effektiv dies jeweils abläuft.
Ein Ziel jedes Unternehmens ist es, viel Umsatz zu machen und das am Besten mit geringsten Kosten, sodass viel Gewinn übrig bleibt. Dieses Ziel (viel Ertrag) muss herunter gebrochen werden, damit Unterziele definiert & erreicht werden können. Dazu werden Zielwerte festgelegt, die erreicht werden müssen. Kennzahlen mit einer Schlüsselbedeutung für den Erfolg des Unternehmens werden als „Key Performance Indikatoren“ (KPIs) bezeichnet. Ein simpler KPI wäre der Quotien aus Einnahmen zu Ausgaben. Aber dieser ist unbrauchbar im schnellen Online Business.
Ein wichtiger KPI ist der Online-Marketing-Deckungsbeitrag. Dazu beginnen wir vom Produkt ausgehend den Deckungsbeitrag I (DBI) eines Produktes wie folgt zu berechnen:
DB I = Netto-Preis – Anschaffungs/Herstellkosten (inkl. Versand)
Nun wird ein Produkt oder mehrere ähnliche Produkte nicht einmal sondern mehrfach, also n mal gekauft vom gleichen Kunden. Nun kann man einen repräsentativen durchschnittlichen Warenkorb-Nettowert aus n Produkten ermitteln oder nur ein einzelnes Produkt bewerben:
durchschnittlicher Warenkorbwert (Netto) = n x DB I + …
Bedenke, wir sprechen beim durchschn. Warenkorbwert nicht vom Warenkorb-Umsatz, also den Wert den der Kunde angezeigt bekommt, sondern nur den Anteil daran, der uns zum „Wirtschaften“ übrig bleibt.
Der Shop konvertiert Besucher zu diesem Warenkorbwert innerhalb einer Periode (z.B. Monat). Damit wird die monatliche Conversion Rate des Shops (CR_S) interessant mit dem die Besucher (V) diesen Warenkorb auch kaufen:
Gesamt-Deckungsbeitrag-Shop = V x CR_S x n x DB I
Die Besucher (V), also der Traffic auf der Shop-Seite. wird durch Ausspielungen (Werbeanzeigen, Ads) im Online-Markeing erzeugt. Dabei werden Anzeigen geschaltet, welche angezeigt werden (Impressions) aber nicht von jedem angeklickt (Click Trough Rate, CTR) werden. Wir erweitern unsere Rechnung nun, um diesen „Online Marketing“ Faktor (I x CTR):
Gesamt-Deckungsbeitrag I = I x CTR x CR_S x n x DB I
Wir könnten also den Gesamt-Deckungsbeitrag I erhöhen:
- wenn wir viele Anzeigen schalten (I),
- die Anzeige „unwiderstehlich“ gestalten (CTR),
- die „Shop-Usability“ & das Shop-Design gut gestalten (CR_S) oder
- den Netto-Verkaufspreis erhöhen bzw. die Einkaufs- oder Herstellungskosten senken.
Nun muss aber das Produkt oder der durchschnittliche Warenkorbwert an den „Mann/Frau“ gebracht werden. Im Performance Marketing werden Kosten pro Klick (CPC) definiert welche pro Besucher (V) als variable & direkte Kosten anfallen:
Marketingkosten = V x CPC
Dazu sind die direkten Marketingkosten wie folgt zu berechnen:
Direkte-Marketing-Kosten = I x CTR x CPC
Die direkten Marketingkosten sind vom Deckungsbeitrag I abzuziehen:
(I x CTR x CR_S x n x DB I) – (I x CTR x CPC)
nach ausklammern von V = I xCTR erhalten wir:
DB II = I x CTR x (CR_S x n x DB I – CPC) = V x (CR_S x n x DB I – CPC)
Damit ist Deckungsbeitrag II berechnet, welcher die weiteren Fixkosten/Gemeinkosten (GK) decken könnte, z.B. Website, Steuerberater, Lagerfläche oder Lohn/Gehälter. Der Ertrag (Brutto) pro Visit ist der rechte Klammerausdruck. Damit lässt sich der Break-Even berechnen:
CPC = CR x n x DB I
Heißt wenn deine Marketingkosten (CPC) so hoch sind wie dein DB I machst du keine Verluste mit diesem Produkt. Klar, deine Marge vom Produkt für Marketing ausgeben bringt kein Ertrag. Dein DB II wäre 0.
Der DB II ist der Bruttoertrag, also die Kernleistungsfähigkeit eines eCommerce Unternehmens und sollte stets größer 0 sein! Mit dieser Formel zum DB II kannst du deinen Ertrag berechnen und deine Fixkosten bzw. Gemeinkosten (GK) decken.
KPI Rechenbeispiele mit Conversion Rate, CPC, DB I & DB II
Du hast 100.000€ Gemeinkosten (GK) für Lager, Waren-Finanzierungen und Mitarbeiter im Monat und 200.000 Besucher (V) im Monat, dein Shop ist Top & Konvertiert bei 5% (CR_S=0,05), dein durchschnittlicher Warenkorbwert beträgt 40€ (40€ =n x DB I) bei 60€ Anschaffungskosten und dein CPC liegt bei 1€.
Dein DB II liegt bei 200.000€/Monat oder 1€/Besucher. Deine Gemeinkosten liegen bei 100.000€/Monat oder 0,5€/Besucher. Damit machst du 100.000€ Gewinn bei 1 Mio € Netto-Umsatz und bist profitabel.
Nun hast du dein Shop-Design verändert, er konvertiert nur noch mit typ. 3% (CR_S=0,03). Dein DB II liegt bei 40.000€, du bist dann mit 60.000€/Monat defizitär! Die Conversion Rate ist also ein wichtiger Fakor.
Wenn du kaum Gemeinkosten hast, wie z.B. im Dropshipping und nur 5.000€/Monat an DB II brauchst, dann kannst du nun die anderen Parametern „variieren“. Der Warenkorbwert ist im Droppshipping in einer Nische jedoch nicht sehr hoch, da die Margen (DB I) gering sind.
Angenommen du hast ein einzelnes Produkt, welches du bewerben willst. Du verkaufst es zum Netto-Preis von 99€, dein Einkaufspreis beim Großhändler liegt bei 80% inkl. Versand, das macht für dich einen durchschnittlichen Warenkorbwert (DB I) von 19,80€. Dein CPC liegt bei 0,8€, du konvertierst mit 3% (CR_S=0,03). Der Ertrag pro Besucher (Visit) ist negativ (-0,206€). Damit gehst du richtig ins Minus! Das ist leider bei vielen Anfängern der Fall. Bei 10.000 Besuchern im Monat machst du 2.060€ Verlust bei 39.600€ Netto-Umsatz.
Was kannst du tun? CR_S auf 4% erhöhen und deinen Netto-Verkaufspreis auf 110€ erhöhen sowie deine Marketingkosten (CPC=0,75€) senken. Damit würdest du 13 Cent pro Besucher erhalten.
Erst bei 50% Einkaufpreis und Berücksichtigung der Transaktionskosten (Paypal) wirds interessant. Bei 99€ Netto-VK ist DB I= 49,5€ davon zusätzlich noch 3,28€ Paypal-Transaktionskosten (0,35€ + 2,49% von 117,81€ (99€ +19% MwSt)) abziehen, erhalten wir 46,22€ DB I und mit CR_S=3% (CR_S=0,03) & CPC=1€ bleiben 0,3866€ als DB II pro Shop-Besucher. Bei 10.000 Besuchern pro Monat hast du 3.866€ Deckungsbeitrag II bei 29.700€ Netto-Umsatz. Bei geringsten Gemeinkosten (GK) für Shop ohne Lager & ohne Versandabteilung bleibt viel übrig für den Gewinn.
Bei 4% Conversion Rate hast du 8.400€ DB II im Monat bei 39.600€ Netto-Umsatz. Bei nur 1% mehr Conversion Rate im Shop 4.534€ mehr Deckungsbeitrag II. Die durchschnittliche Online Shop Conversion Rate lag 2022 bei ca. 3,65%
Direkte Marketingkosten als bestimmender Faktor – CPO als KPI
Aufmerksamkeit muss man sich im Internet leisten können. Damit wird klar, dass die direkten Marketingkosten als Anteil am Netto-Warenkorb-Umsatz nicht beliebig hoch sein können. Achtung Warenkob-Umsatz ist dass, was der Kunde zahlt plus MwSt. und nicht unser Warenkorbwert (DB I) aus vorheriger Rechnung! Wir nennen es Cost per Order = CPO, welche uns die Marketingkosten pro Kauf berechnet.
Die CPO berechnet sich wie folgt:
CPO = CPC / CR_S
Bei einem Werbebudget von CPC=1€ und einer Conversion Rate des Shops von 4% (CR_S=0,04) liegen die Kosten (Cost per Order) bei CPO=25€. Wer z.B. 50€ pro Kunde an Netto-Umsatz macht, hat damit 50% seines Umsatzes direkt als Marketingausgaben wieder verloren. Um nachhaltig erfolgreich im Online zu sein, sind je nach Einkaufspreisen ca. 25% Marketingkosten pro Kunden-Warenkorb-Umsatz anzustreben. Das Beispiel zuvor in der CPC-Berechnung hatte 99€ Netto-Kunden-Warenkorb-Umsatz bei CR_S=4% und CPC=1€. Macht 25€ CPO bei 99€ Netto-Kunden-Warenkorb-Umsatz, was 25,25% entspricht.
Du kannst also den durchschnittlichen Kunden-Warenkorb-Umsatz erhöhen, deine Conversion-Rate erhöhen oder deine Marketingkosten (CPC) senken. Bedenke, dass mehr als ein „Touchpoint“ notwendig ist, um einen Kunden in einen zahlenden Kunden zu wandeln.
Plannung der KPI Zielwerte für das Geschäftsjahr
Du willst erfolgreich dein Online-Handel aufbauen? Dann solltest du deine KPIs planen. Ein Beispiel für deinen Start:
- Umsatzziel: 250.000€
- Erwarteter durchn. Warenkorbwert: 65€
- Du benötigst folgende Conversion-Ereignise (zahlende Kunden): 250.000€/65€=3.846
- Konservativ nimmst du 2,5% Shop-Conversion-Rate an.
- Du benötigt somit folgende Anzahl Besucher auf deiner Webseite: 3846/0,025=153.840
- Du wirst als Anfänger mit ca. 0,75€ CPC rechnen müssen.
- Damit liegt dein Marketingbudget bei 153.840*0,75€=115.380€.
- Dein Tagesbudget liegt bei 115.380€/360=320,5€.
- Marketingkosten am Umsatz: 115.380€/250.000€=46% !
Das wird auf Dauer nicht tragfähig sein, wenn deine Einkaufspreise nicht niedrig sind! Daher musst du den Warenkorbwert erhöhen oder dein CPC durch eine kluge Marketing-Strategie niedrig halten sowie dein Shop optimal gestalten. Bei 3% Conversion Rate und 80€ Warenkorbwert kommst du schon auf 31% Marketingkosten am Umsatz. D.h. Upsells im Warenkorb optimieren, Warenkorbabbrecher zurückholen oder mehr Bestandskunden zum mehrfach Kaufen anregen (Customer Life Time Value). Damit zeigt sich, dass KPI fundamentales Grundwissen im Online Business sind.
Retourenquote in den KPI berücksichtigen
Die Retouren sind ein hoher Kostenfaktor, welcher durch gutes Retourenmanagement auf niedrigem Niveau gehatlten werden sollte. Man kann einen Retouren-Faktor zur Conversion Rate multiplizieren. Der Retouren-Faktor ist R=(1-Return Rate) und beschreibt den Anteil, der nicht-retournierten Ware. Wenn z.B. 20% der Ware zurückkommt, dann wäre der Retourenfaktor: (1-0,2)=0,8. Mit diesem Retourenfaktor R können nun folgende Break-Even-KPI berechnet werden:
- CPC = CR_S x R x n x DB I
- CPO = R x n x DB I = CPC / CR_S
Damit lässt sich feststellen, das viele Retouren durch hohe Deckungsbeiträge (DB I) und/oder durch niedrige Marketingkosten (CPC) mitfinanziert werden. Für den Deckungsbeitrag II mit Retouren-Faktor gilt:
DB II = I x CTR x (CR_S x R x n x DB I – CPC) = V x (CR_S x R x n x DB I – CPC)